Zeitungs-Ausschnitte: Na Und

"Und nun - NA UND" - Zeitschrift "Neues Leben" (1984)

In meiner Umgebung kenne ich viele Jungs, die Rockmusik machen oder sich zumindest dran versuchen. Der Anstoß dazu kam für sie meist mit vierzehn, fünfzehn; da besorgten sie sich ein Instrument und begannen zu üben. Doch so einfach bleibt's für die, die später mal die Musik zu ihrem Beruf machen wollen, eben nicht. Musikmachen ist ein ziemlich hartes Brot. Da gehört eine solide Ausbildung dazu (Talent und Fleiß vorausgesetzt) und die Bereitschaft, so ziemlich seine ganze Freizeit der Musik zu opfern. Mit geregeltem Feierabend ist dann nichts mehr.
Na ja, mit 16, 17 stört das nicht weiter. Was aber, wenn Wohnung, Partner und erste Familienpläne auftauchen? Noch dazu, wenn sich's um "Musikantinnen" handelt? Was treibt Mädchen eigentlich dazu, Rockmusik zu machen? Wir fuhren nach Dresden und sprachen darüber mit der Mädchenrockband NA UND.
"'ne Mädchenrockband wollt ihr aufmachen?" - zweifelten einige Skeptiker vor reichlich zwei Jahren. NA UND - sagten die Mädchen und gingen ans Werk: Angela Ullrich (Schlagzeug), Joane Rekitt (Tasteninstrumente), Sylvia Tuch (Bassgitarre) und Galina Seminichina (Gitarre). Neu hinzugekommen ist inzwischen Ina Morgenweck als Sängerin. Und wie hatte es angefangen? Nicht anders, als bei vielen ihrer männlichen Kollegen auch. Angela und Galina wollten auf einer Klassenfete mal einen guten Gag steigen lassen und spielten auf Gitarre und Akkordeon Stones- und Beatles-Titel. Sylvia hatte als Kind Unterricht in klassischer Gitarre, aber da schon Galina Gitarre spielte, hängte sie sich den Bass um.
Joana hatte bereits jahrelangen Gitarrenunterricht und sechs Semester Tanzmusik an der Dresdner Musikhochschule hinter sich, als sie zu NA UND stieß. Ina ist erst seit kurzem dabei; sie kommt aus Thüringen, gewann mal beim Nachwuchsfestival "Goldener Rathausmann" in Dresden zwei Preise und sang dann einige Zeit bei der Gruppe "Gong". Jetzt interpretiert sie bei NA UND mit kräftiger Stimme AC/DC-Songs und andere harte Sachen, die die Gruppe neben eigenen Liedern im Programm hat.
Fragt man die Mädchen, welche Musik sie besonders mögen, nennen sie Namen wie Michael Jackson, Saga, Yes. Warum die Mädchen sich %uuml;berdies an Heavy Metal begeistern, hab' ich so genau nicht ergründen können. Mag sein, das da die Gruppe Keks nicht ganz schuldlos ist. Und wenn Galina meint: "So gut wie Eddie van Halen werde ich sowieso nicht", hat sie zweifellos recht, aber besser werden wollen sie auf alle Fälle. Deshalb studieren sie an der Dresdner Musikhochschule. Vorher haben sie in ihren Berufen gearbeitet und die Musik nebenbei betrieben. Untereinander sind die fünf alle gut befreundet. "Anders hält man's auch gar nicht aus, wenn man auf Tour ist", meint Ina. Das Privatleben, da sind sie sich einig, muss hinter der Musik zurückstehen.
"Was in fünf Jahren mal sein wird, daran denkt heute noch keiner." (Ina). Die Freunde der Mädchen sind auch Musiker. Angela: "So ist das Verständnis füreinander da, was sehr wichtig ist in diesem Beruf." Zwar ist NA UND eine Mädchenband, doch undenkbar ohne die Arbeit einiger "Herren". Micha Heubach von "Lift" probt mit den Mädchen. Er komponiert für sie und gibt jede Menge brauchbare Hinweise.
An NA UND schätzt er die frische Spielweise der Mädchen besonders. Die Texte schreibt Bernhard Böhlich, der ansonsten auch für "Lift" arbeitet. Der dritte im Bunde ist der organisatorische Leiter Istvan Farkas. Von Anfang an unterstützt er die Mädchen. Sie sehen sich noch am Anfang des Weges, den sie aber - trotz Schwierigkeiten und Probleme - weitergehen wollen. Nicht nur am Musikalischen, sondern auch an der Show wollen sie arbeiten. Denn - wie sagt Istvan? Mit einer Mädchenrockband ist es wie mit einem schönen Bonbon; nicht nur der Inhalt, auch die Verpackung ist wichtig.
PS: Ist bei euch wirklich alles genauso wie bei anderen Bands? Angela: "Na ja, ein Junge stellt sich auf die Bühne und spielt seinen Part. Den stört's nicht, wie es drum herum aussieht. Uns schon." Sylvia: "Wenn ein Junge zu Hause übt, ist die ganze Familie stolz auf ihn und hofft, das er mal ganz berühmt wird. Wenn du als Mädchen übst, hörst du: Jaja, ganz schön. Aber hast du eigentlich schon abgewaschen?" (von Thomas Fuchs)
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